HIV
und Psychotherapie
: Welche Therapie ist für mich geeignet?
HIV und Psychotherapie : Welche Therapie ist für mich geeignet?
Wenn die Entscheidung für eine Psychotherapie gefallen ist, stellt sich nicht nur die Frage nach dem richtigen Therapeuten, sondern auch nach dem geeigneten Therapieverfahren. Wer im Internet recherchiert, findet eine verwirrende Vielzahl von Methoden. Wie kannst du als HIV -Patient einen Überblick gewinnen und die für dich geeignete Behandlung finden?

Expertengremien haben untersucht, welche Verfahren in der Behandlung seelischer Störungen nachweislich wirksam sind. Sie haben damit gewissermaßen eine Vorauswahl für dich getroffen. Man unterscheidet psychodynamische und verhaltenstherapeutische Verfahren, die jeweils sowohl als Einzel- wie auch als Gruppentherapien durchgeführt werden können. Außerdem wird Psychotherapie nicht nur ambulant, sondern in bestimmten Fällen auch im stationären Rahmen durchgeführt.
Psychotherapieverfahren im Überblick
Die nachweislich wirksamen und anerkannten Psychotherapieverfahren sind:
Psychodynamische Verfahren:
Verhaltenstherapie :
Systemische Therapie:
Die Systemische Therapie ist ein Psychotherapieverfahren, das den sozialen Beziehungen innerhalb einer Familie oder Gruppe eine besondere Bedeutung für die Entstehung einer psychischen Erkrankung beimisst. Die Therapie fokussiert daher nicht auf die einzelne Person, sondern auf die Wechselbeziehungen zwischen Mitgliedern der Familie und des weiteren sozialen Umfeldes.
Welches Therapieverfahren ist für mich geeignet?
Jede Methode hat bestimmte Vor- und Nachteile. Für welches Vorgehen du dich entscheidest, kannst du von folgenden subjektiven und objektiven Kriterien abhängig machen:
- Stimmt die Chemie? Die Qualität der therapeutischen Beziehung ist oft wichtiger als das gewählte Therapieverfahren. Bevor du also die Frage nach dem Therapieverfahren stellst, solltest du in dich hineinspüren, ob der Therapeut als Person der richtige für dich ist.
- Was suchst du? Ein weiterer subjektiver Faktor ist die Frage nach deinen Vorlieben, deiner Motivation und deiner Lebenssituation: Hast du überhaupt ein Interesse daran, z. B. biografische Hintergründe deiner Schwierigkeiten aufzudecken, oder geht es dir in erster Linie um rasche Symptomlinderung? Wieviel Zeit kannst und möchtest du für eine Psychotherapie investieren? Welche Vorerfahrungen (oder Vorurteile?) hast du in Bezug auf ein bestimmtes therapeutisches Vorgehen?
- Wozu raten dir die Fachleute? Es gibt Situationen und Krankheitsbilder, bei denen Spezialisten eher zu dem einen oder zu dem anderen Verfahren raten würden. Bei chronischen Zwangshandlungen (z. B. Waschzwang) etwa sind verhaltenstherapeutische Verfahren eher wirksam. Solche Empfehlungen basieren auf Erfahrungswerten. Es ist sinnvoll, den Expertenrat in deine Überlegungen einzubeziehen, dabei aber zu bedenken, dass auch Fachleute ihre persönlichen Vorlieben haben.
Wer übrigens als Therapeut behauptet, die einzig richtige oder die allerbeste Methode überhaupt anzubieten, ist bestenfalls ein wenig betriebsblind geworden. Jedenfalls sollte man als Patient eher skeptisch werden, wenn Therapeuten oder Methoden mit Heilsversprechungen daherkommen oder einen großen „Hype“ um sich machen. Solche „Modetherapien“ verschwinden oft genauso schnell, wie sie aufgetaucht sind. Dagegen sind die in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Therapieverfahren lange etabliert, gut untersucht und nachweislich gut wirksam.
Einzel- oder Gruppentherapie ?
Psychotherapie ambulant oder stationär?
Die meisten Psychotherapien werden ambulant, also in der Praxis eines niedergelassenen Psychotherapeuten durchgeführt. Es gibt aber auch Psychosomatische Kliniken, in denen Psychotherapie im stationären Rahmen angeboten wird. Ein wesentlicher Vorteil der stationären Behandlung besteht in der größeren Intensität der Behandlung. In der Klinik finden in der Regel mehrere Behandlungen pro Tag statt, und es können verschiedene Therapiemethoden nebeneinander zur Anwendung kommen (Gesprächstherapien einzeln und in der Gruppe, Gestaltungstherapie, Entspannungsverfahren, körperorientierte Therapien usw.). Außerdem gibt es Fachärzte verschiedener Disziplinen unter einem Dach, was vor allem bei Patienten wichtig sein kann, die neben ihrer seelischen Störung auch noch an einer schweren körperlichen Erkrankung leiden. Zu einer stationären Behandlung wird man dir außerdem möglicherweise raten,
- wenn die Symptomatik besonders schwer ist und eine intensivere Behandlung erfordert als das im ambulanten Rahmen möglich ist, z. B. bei schweren Angsterkrankungen
- bei bestimmten Erkrankungen mit starker körperlicher Beeinträchtigung wie z. B. Essstörungen mit starkem Untergewicht
- bei ausgeprägten sozialen Komplikationen wie z.B. langanhaltender Arbeitsunfähigkeit
- beim gleichzeitigem Vorliegen schwerer körperlicher Erkrankungen
- wenn es sinnvoll erscheint, vorübergehend Abstand zwischen dir und deinem häuslichen Umfeld zu schaffen
- wenn eine Suchtproblematik vorliegt
- bei Suizidgefährdung.
Die Kosten für eine stationäre Psychotherapie übernimmt entweder die Krankenkasse oder die Rentenversicherung (wenn es sich um eine Rehabilitationsklinik handelt). Bei den notwendigen Formalitäten im Vorfeld der Aufnahme ist dir dein behandelnder Arzt behilflich. Die meisten Kliniken stehen hier gern beratend zur Seite.
Autor: Dr. Steffen Heger